Einleitung
Problemstellung
„Wissen ist Macht“ - fast jeder kennt dieses geflügelte Wort. Weniger bekannt hingegen ist die Tatsache, daß dieser Ausspruch auf Francis Bacon zurückgeführt wird. Bacon, der ein früher Zeitgenosse von Thomas Hobbes war, hat mit seinen Aufsätzen, vor allem aber durch sein Buch „Neues Organon“ die Entwicklung der Wissenschaften maßgeblich beeinflußt. Die Stellung des „Wissens“ ist für Bacon herausragend und die Grundlage jedes - so auch des politischen - Handelns überhaupt. Im Gegensatz zu Hobbes findet sich in den Schriften Bacons kein politisches Programm explizit formuliert. Hingegen ist Bacon ein „handelnder“ Politiker, der die Wissenschaft voranbringen möchte und in seiner Funktion als englischer Staatsmann dazu auch Möglichkeiten besitzt. Einige seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse (z.B. die Behandlung der Induktion) erscheinen heute nicht mehr haltbar - andere Methoden (z.B. das Durchführen von Experimenten) sind nach wie vor gängig, wenn nicht sogar bestimmend. Überhaupt nimmt die Methodologie eine zentrale Stellung in Bacons Schriften ein. Interessant ist diese vor allem unter dem Blickwinkel seiner universellen Anwendbarkeit. Auf der Basis seiner „Wissenschaftstheorie“, entwickelt Bacon ein utopisches Modell eines Idealstaats. Dieses Modell stellt Bacon in dem Roman „Neu-Atlantis“ vor. Dabei soll die schöpferische Kraft der Wissenschaft der materiellem Wohlfahrt aller Menschen zugute kommen. Die politische Utopie spielt sich in einem fiktiven Inselstaat ab, der die Segnungen der modernen Wissenschaft bereits erfahren hat. Die Gesellschaft wird durch die Wissenschaft maßgeblich in ihrer „Entwicklung“ beeinflußt. Ist die Wissenschaft nun eine „Magd der Gesellschaft“ oder aber eine institutionalisierte Form der Machtausübung ?
Der mit einem Fragezeichen versehene Titel der vorliegenden Arbeit („Die politische Utopie des Francis Bacon - die Wissenschaft im Dienste der Gesellschaft ?“) beinhaltet somit die Fragestellung, welche sich grob in die folgenden Teilfragen untergliedern läßt:
- Welches sind Bacons politische Interessen und Absichten ?
- Was zeichnet Bacon als handelnden Politiker aus ?
- Was sind die Merkmale des utopischen, idealen Staates ?
- Wie gestaltet sich die Verbindung der Wissenschaft zur Politik ?
- Wie definiert sich seine Wissenschaftstheorie ?
-
Welche Wirkung hatte Bacon auf die Entwicklung der Wissenschaft und der Politik ?
Mit diesen Fragen sollen die Problemfelder umrissen werden, welche ich im Rahmen der vorliegenden Arbeit abhandeln möchte. Die gestellten Fragen haben keinen Anspruch auf Systematik, sondern weisen lediglich die Richtung in welche inhaltlich weiter vorgegangen wird.
Zielsetzung der Untersuchung
Eine alte Weisheit ist, daß man etwas erst kritisieren kann, wenn man es versteht. In diesem Sinne heißt es zunächst Bacons Motive und Absichten, sowie die von ihm verwendeten Begriffe zu verstehen. Bacon stellt ein Bild einer utopischen Gesellschaft vor. Dieses Bild soll in seinen wesentlichen Zügen nachgezeichnet werden. Die Frage, inwiefern die Wissenschaft die Politik oder aber die Politik die Wissenschaft bestimmt kann, anhand von „Neu-Atlantis“ diskutiert werden. Es geht also nicht nur darum wieder einmal einen Aufsatz über die Person Bacons zu verfassen, sondern das Verhältnis der Wissenschaft zur Politik zu überdenken. Bacon hat dazu einige wichtige Beiträge geleistet, die nach wie vor als aktuell gelten können.
Eine kritische Betrachtung der Baconischen Position möchte aufzeigen,
inwieweit das Baconische Programm theoretisch und auch praktisch
durchführbar ist, bzw. vielleicht sogar schon durchgeführt wurde. Die
Betonung liegt auf der gesellschaftspolitischen Relevanz seiner Arbeiten. Einige
Autoren kritisieren Bacon dahingehend, daß sein Wissenschaftsprogramm,
manchmal auch als „Baconismus“ bezeichnet, fatale Folgen für die
heutige Zeit (und so auch für die Gesellschaft) hätte und
umweltfeindlich, bzw. verantwortungslos sei, da er den Menschen die moderne
Technik an die Hand gegeben hätte, ohne deren möglichen Mißbrauch
hinreichend zu berücksichtigen.
Zur gewählten Methodenwahl
Notwendigerweise sind die Schriften Bacons die Grundlage zur Bearbeitung des vorliegenden Themas. Anhand einer Textanalyse wird versucht werden die wichtigsten Grundzüge seiner politischen Ansichten in Verbindung mit seinem Wissenschaftsverständnis herauszuarbeiten. Bacons „Neues Organon“, sowie dessen Vorläufer „Valerius Terminus“, das „Advancement of Learning“ und schließlich das „De Augmentis Scientarum“, werden primär zur Darstellung seiner Wissenschaftstheorie herangezogen. Die politische Utopie wird hingegen aus „Neu-Atlantis“ rekonstruiert werden.
Die „Essays“ von Francis Bacon dienen dazu grundlegende Aspekte der politischen Utopie, sowie seiner Wissenschaftstheorie zu vervollständigen.
Sekundärliteratur wird vor allem benutzt um das Gesamtbild zu komplettieren
oder Bacons Position kritisch unter verschiedenen Blickwinkeln von außen zu
betrachten. Die Kritik anderer Autoren an Bacon wird auch zeigen, wie sehr
unterschiedlich Bacon wahrgenommen und wie kontrovers er diskutiert wird.
Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit
Der politische Werdegang von Francis Bacon
Zunächst ist es notwendig den Hintergrund um Bacon zu erhellen und seine politische Karriere darzustellen. Die Probleme der damaligen Zeit und seine Funktion als Staatsmann, mußten zwangsläufig auch seine politische Utopie beeinflussen. Die Persönlichkeit Bacons fließt an manchen Stellen unmittelbar in seine Theorien mit ein.
Die Wissenschaft - die Lösung der menschlichen Probleme
Der darauf folgende Teil der Arbeit beschäftigt sich mit Bacons Wissenschaftstheorie und deren wesentlichen Elementen. Hierbei geht es nicht darum jedes Detail seiner Theorie auszubuchstabieren. Vielmehr steht im Vordergrund, welche Art von Wissenschaft Bacon propagiert, welches der Zweck der Wissenschaft ist und welche Ziele Bacon mit seiner Wissenschaftstheorie verfolgt.
Bacons soziologische Studien
Bevor Bacon eine zukünftige Gesellschaft entwarf, hatte er zuvor die existierende Gesellschaftsordnung untersucht. Darin kommen auch einige seiner Grundthesen vor, welche er in politischer Hinsicht vertritt.
Die politische Utopie
Teil einer politischen Utopie sind politische Theorien, welche darin eingebettet sind. Es lassen sich auch die politischen Ansichten Bacons skizzieren, welche er niemals explizit geäußert hat und als Staatsmann auch nicht ohne Weiteres äußern konnte ohne s einen Kopf zu verlieren. Es kann aufgezeigt werden, wie sehr eine technische Denkweise die Sicht auf Gesellschaft prägen kann und die Gesellschaft als solche strukturiert.
Kritische Betrachtung
Es erfolgt eine mehrgeteilte Kritik der Baconischen Position. Die zunächst formale Kritik bezieht sich auf seine inhaltliche Stringenz und der Untersuchung, inwiefern die von Bacon geäußerten Aussagen und Hypothesen ein in sich stimmiges Gesamtbild ergeben . Inhaltlich stellt sich dann die Frage, inwiefern Bacons Utopie wünschenswert und realisierbar erscheint. Die Legitimation der Herrschaft in der politischen Utopie Bacons, wie auch seiner ethischen Rahmenkonzeption, sowie die Legitimation seines Programm s geben ebenfalls Anlaß zur Kritik..
Die Auswirkungen auf die Moderne
Wie bereits angeschnitten hat Bacon eine reiche Wirkungsgeschichte. Diese in ihrer Gesamtheit darzustellen, würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Im Wesentlichen beschränke ich mich auf zwei Aspekte : Die unmittelbare Bedeutung Bacons für die Naturwissenschaften und der Auswirkung seiner Vorstellungen auf die modernen Gesellschaften.
Ausblick und Resümee
Im letzten Kapitel werden die wesentlichen Schwachpunkte der Baconischen Konzeption kurz zusammengefaßt und die Bedeutung seiner Thesen hinsichtlich der real existierenden Gesellschaften herausgestellt.